Die österreichische Bundesregierung hat im Regierungsprogramm 2025 weitreichende Änderungen im wohnrechtlichen Bereich angekündigt. Diese zielen auf eine Modernisierung bestehender Vorschriften, eine Anpassung an gesellschaftliche Entwicklungen sowie auf Maßnahmen zur Kostenkontrolle und Dekarbonisierung ab. Der folgende Beitrag bietet einen strukturierten Überblick über die geplanten Maßnahmen, deren rechtlichen Rahmen sowie deren praktische Auswirkungen für die Immobilienwirtschaft.
Zielsetzung der Reform
Das Regierungsprogramm 2025 sieht umfassende Maßnahmen zur Weiterentwicklung des Mietrechts, Wohnungseigentumsrechts und Gemeinnützigen Wohnrechts vor. Zentrale Ziele sind die Förderung der Dekarbonisierung des Gebäudebestands, die Erhöhung der Rechtssicherheit und Transparenz sowie die Kontrolle der Mietpreisentwicklung. Diese Maßnahmen erfolgen unter Bezugnahme auf bestehende Rechtsgrundlagen wie das Mietrechtsgesetz (MRG), das Wohnungseigentumsgesetz (WEG) und das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz (WGG).
Dekarbonisierung des Wohnraums
Gesetzliche Verankerung
Zur Förderung der energetischen Sanierung und klimafreundlicher Maßnahmen im Wohnbereich plant die Bundesregierung konkrete Anpassungen im MRG, WEG und WGG. Grundlage bilden u. a. § 8 Abs. 3 MRG, § 10 MRG sowie § 16 Abs. 7 WEG. Ziel ist, die bauliche Umsetzung energieeffizienter Maßnahmen zu erleichtern.
Erleichterung der Zustimmungsregelungen
Im Wohnungseigentumsrecht soll die Zustimmungsregelung für bauliche Maßnahmen zur Dekarbonisierung vereinfacht werden. Künftig sollen derartige Maßnahmen auch ohne Einstimmigkeit aller Wohnungseigentümer umsetzbar sein. Hierbei wird auf Ergebnisse einer Arbeitsgruppe des Justizministeriums Bezug genommen, deren Vorschläge als Grundlage dienen sollen.
Änderungen im Mietrecht
Verlängerung der Mindestbefristung
Ein zentrales wohnpolitisches Ziel ist die Förderung langfristiger Mietverhältnisse. Künftig soll die Mindestbefristung von Mietverträgen auf fünf Jahre angehoben werden. Damit soll die Vertragsstabilität erhöht und kurzfristigen Mietverhältnissen entgegengewirkt werden.
Reform des Lagezuschlages
Das bisherige System zur Berechnung des Lagezuschlags (§ 16 MRG) wird einer umfassenden Evaluierung unterzogen. Ziel ist eine höhere Transparenz und Nachvollziehbarkeit. Geplant ist eine gesetzlich klar definierte Grundlage zur Berechnung, die für mehr Rechtssicherheit sorgt.
Weitere geplante Änderungen im Mietrecht und HeizKG:
- Mieterschutz bei Investitionen: Bei Ein- und Zweifamilienhäusern soll ein Mindestschutz für Investitionen mit nachhaltiger Wertsteigerung eingeführt werden – analog § 10 MRG.
- Ausnahme vom MRG: Große Handelsflächen (über 5.000 m², mehr als 3 Geschäfte – z. B. Einkaufszentren, Fachmarktzentren) sollen komplett aus dem Anwendungsbereich des MRG ausgenommen werden.
- Reform HeizKG: Eine umfassende Überarbeitung des Heizkostenabrechnungsgesetzes ist geplant. Die neuen Regelungen sollen auch in andere relevante Gesetze integriert werden.
- BK-Abrechnung beim Mieterwechsel: Die Abrechnung von Betriebskosten beim Mieterwechsel soll klarer und sachgerechter geregelt werden – nach dem Vorbild von § 23 Abs 5 und 6 HeizKG.
- Mietzinsbildung – Sanierung & Dekarbonisierung: Die Mietzinsregelungen werden überarbeitet. Künftig sollen energetische Maßnahmen (z. B. Endenergiebedarf, Energieeinsparung) im Sinne eines Bonus-Malus-Systems stärker berücksichtigt werden.
Wertsicherung und Indexierung
Einführung eines neuen Index
Zur besseren Steuerung der Mietkosten wird ein neuer Index für die Wohnraumvermietung eingeführt. Dieser soll auf dem Verbraucherpreisindex (VPI) basieren, jedoch mit einer Deckelung: Maximal 3 % jährliche Erhöhung; bei höheren Inflationsraten soll nur die Hälfte des darüberliegenden Wertes berücksichtigt werden.
Übergangsregelung zur Indexierung
Für bestehende Mietverhältnisse im Vollanwendungsbereich des MRG sowie bei Kategorie- und WGG-Mieten wird die Indexierung für 2025 ausgesetzt. Für 2026 ist eine maximale Anpassung um 1 % vorgesehen, für 2027 um maximal 2 %. Erst ab 2028 soll der neue Index Anwendung finden.
Rückforderungsansprüche und Vertragsklarheit
Die Rückforderung unrechtmäßiger Mietzinsanpassungen wird künftig klar geregelt. Die Frist zur Rückforderung beträgt fünf Jahre, wobei ab Kenntnis der Unwirksamkeit und des Rückforderungsanspruchs eine dreijährige Frist gilt. Ziel ist die Vermeidung langfristiger Rechtsunsicherheiten in bestehenden Mietverhältnissen.
Zusätzlich soll ein gesetzlich normierter Mustermietvertrag durch das Bundesministerium für Justiz (BMJ) entwickelt werden. Dieser soll standardisierte Vertragsgrundlagen schaffen und Rechtsklarheit fördern.
Zusammenfassung
Das Regierungsprogramm 2025 setzt klare Impulse zur Weiterentwicklung des Wohnrechts in Österreich. Im Fokus stehen Klimaschutz durch rechtliche Erleichterungen für Sanierungsmaßnahmen, Mietpreisdämpfung durch neue Indexsysteme sowie langfristige Stabilität durch angepasste Befristungsregelungen. Die geplanten Maßnahmen betreffen sowohl das Mietrechtsgesetz als auch das Wohnungseigentums- und Gemeinnützigkeitsrecht und zielen auf eine ausgewogene Balance zwischen Mieterschutz, Eigentümerinteressen und gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen ab.
Relevante Rechtsquellen und Fundstellen:
- Mietrechtsgesetz (MRG), insbesondere §§ 8, 10, 15a, 16
- Wohnungseigentumsgesetz (WEG), insbesondere § 16
- Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz (WGG)
- Regierungsprogramm 2025 der österreichischen Bundesregierung