Neue Gesetzesnovellen in Wien: Eine detaillierte Betrachtung

Kürzlich wurden drei bedeutende Gesetzesnovellen verabschiedet, die verschiedene Bereiche betreffen und weitreichende Auswirkungen auf das städtische Leben haben. Diese Novellen beziehen sich auf die Stellplatzverpflichtung, das Baumschutzgesetz sowie die sogenannte Zustimmungsfiktion im Wohnungseigentumsgesetz (WEG). Im Folgenden werden die einzelnen Gesetzesänderungen und ihre jeweiligen Auswirkungen detailliert beschrieben.

 

1. Die Stellplatzverpflichtung in Wien

Die Stellplatzverpflichtung in Wien regelt, in welchen Fällen und in welchem Umfang Bauherren Stellplätze für Kraftfahrzeuge schaffen müssen. Mit der Novelle des Wiener Garagengesetzes wurde diese Verpflichtung grundlegend überarbeitet, insbesondere durch die Einführung eines Zonenmodells.

Wesentliche Änderungen:
  • Zonenmodell: Das Stadtgebiet Wiens wird in drei Zonen eingeteilt. Je nach Zone wird die Pflicht zur Schaffung von Stellplätzen reduziert:
    • Zone 1: 30% Reduktion (nur 70% der Stellplätze müssen errichtet werden)
    • Zone 2: 20% Reduktion
    • Zone 3: Keine Reduktion
  • Reduktion durch Kompensationsmaßnahmen: Die Pflicht zur Errichtung von Stellplätzen kann um bis zu 10% reduziert werden, wenn bestimmte Maßnahmen umgesetzt werden, z.B. durch den Bau von Ladepunkten für Elektrofahrzeuge oder die Bereitstellung von Carsharing-Stellplätzen.
  • Ladepunkte für Elektrofahrzeuge: Es wurden spezifische Regelungen für Ladepunkte festgelegt. Beispielsweise muss bei Neubauten von Nicht-Wohngebäuden für jeden zehnten Stellplatz ein Ladepunkt geschaffen werden. Bei Wohngebäuden ist für jeden zehnten Stellplatz ebenfalls ein Ladepunkt vorgeschrieben, während für alle anderen Stellplätze Leerrohre vorgehalten werden müssen.

Diese Änderungen tragen den wachsenden Anforderungen an die Mobilitätswende und den Umweltaspekten in der Stadtplanung Rechnung. Insbesondere die Förderung der Elektromobilität und des Car-Sharing-Modells soll den Umstieg auf nachhaltigere Verkehrsmittel erleichtern.

 

2. Das Wiener Baumschutzgesetz

Das Wiener Baumschutzgesetz stellt eine weitere wichtige Novelle dar, die den Schutz des Baumbestands in der Stadt regelt. Ziel dieses Gesetzes ist es, die grüne Lunge Wiens zu erhalten und so zur Erhaltung einer gesunden Umwelt beizutragen.

Wesentliche Bestimmungen:
  • Geschützter Baumbestand: Das Gesetz schützt Laub- und Nadelbäume, die einen Stammumfang von mindestens 40 cm in einem Meter Höhe aufweisen. Ausgenommen sind Bäume in Wäldern, Baumschulen, Gärtnereien sowie bestimmte Obstbäume.
  • Bewilligungspflicht: Das Fällen geschützter Bäume ist bewilligungspflichtig. Die Bewilligung wird jedoch erteilt, wenn die Bäume die Altersgrenze erreicht haben, in schlechtem Zustand sind oder wenn sie ein Bauvorhaben behindern. In solchen Fällen kann auch eine Ersatzpflanzung vorgeschrieben werden.
  • Ersatzpflanzungen und Ausgleichsabgaben: Pro angefangenen 15 cm Stammumfang muss ein Ersatzbaum gepflanzt werden. Alternativ kann eine XL-Ersatzpflanzung verlangt werden, bei der ein großer Baum zwei reguläre Ersatzbäume ersetzt. Wenn eine Ersatzpflanzung nicht möglich ist, wird eine Ausgleichsabgabe von 5.000 Euro pro Baum fällig.

Das Wiener Baumschutzgesetz stellt sicher, dass bei städtischen Entwicklungen der Baumbestand so weit wie möglich geschützt oder zumindest ausgeglichen wird. Es unterstützt somit die Erhaltung von Grünflächen und wirkt dem urbanen Klimawandel entgegen.

3. Die Zustimmungsfiktion im Wohnungseigentumsgesetz (WEG)

Eine weitere wichtige Gesetzesänderung betrifft das Wohnungseigentumsgesetz (WEG), das die sogenannten „privilegierten Maßnahmen“ und die damit verbundene Zustimmungsfiktion regelt. Diese Novelle zielt darauf ab, klima- und gesellschaftspolitische Maßnahmen in Mehrparteienhäusern zu erleichtern.

Wesentliche Bestimmungen:
  • Privilegierte Maßnahmen: Maßnahmen, die unter die Zustimmungsfiktion fallen, sind z.B. die Anbringung von E-Ladestationen, Solaranlagen, Markisen zur Beschattung oder der Einbau von einbruchsicheren Türen.
  • Zustimmungsfiktion: Wohnungseigentümer gelten als zustimmend, wenn sie über eine geplante Änderung informiert wurden und innerhalb von zwei Monaten keinen Widerspruch einlegen. Die Information erfolgt über postalische oder elektronische Mitteilung an alle Eigentümer. Sollte kein Widerspruch innerhalb der Frist eingehen, gilt die Zustimmung als erteilt.
  • Ausnahmen: Ein Widerspruch eines einzigen Eigentümers kann die Durchführung der Maßnahme verhindern. Zudem muss kein Eigentümer Maßnahmen dulden, die sein Wohnungseigentum oder Zubehörobjekt wesentlich und dauerhaft beeinträchtigen.

Diese Novelle erleichtert es Wohnungseigentümern, wichtige Modernisierungs- und Umbaumaßnahmen, insbesondere im Bereich der E-Mobilität und der erneuerbaren Energien, ohne große Hürden durchzusetzen. Sie trägt somit zur Förderung von Nachhaltigkeit und Barrierefreiheit in Mehrparteienhäusern bei.

Fazit

Die drei beschriebenen Novellen sind Teil umfassender Maßnahmen, mit denen Wien den Herausforderungen des 21. Jahrhunderts, insbesondere im Bereich Umwelt- und Klimaschutz, begegnet. Die Neuregelungen zur Stellplatzverpflichtung und das Baumschutzgesetz tragen zur nachhaltigen Stadtentwicklung bei, während die Zustimmungsfiktion im Wohnungseigentumsgesetz eine Modernisierung von Wohngebäuden erleichtert. Diese Gesetzesänderungen verdeutlichen den klaren Fokus der Stadt auf Nachhaltigkeit, Barrierefreiheit und die Förderung zukunftsorientierter Mobilität.

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